Gegen Kürzungen und Planlosigkeit

AWO-Mitarbeiter*innen demonstrieren bei Kundgebung in Düsseldorf

1.800 Mitarbeiter*innen des AWO Unterbezirk Münsterland-Recklinghausen haben ihrem Arbeitsplatz den Rücken gekehrt und sind gemeinsam nach Düsseldorf gefahren. Dafür wurden nahezu alle Beratungsdienste, Kindertagesstätten, Offene Ganztagsschulen sowie Geschäftsstellen geschlossen.

32.000 Menschen demonstrieren gegen Landeshaushalt. Foto: Christopher Adolph

32.000 Menschen aus allen Teilen NRWs setzten ein lautstarkes Zeichen gegen den von der Landesregierung vorgelegten Entwurf für den Haushalt 2025. Dieser enthält so viele Kürzungen im sozialen Bereich wie nie zuvor. Für viele Beratungsangebote bedeutet das ihr Aus.

Den politischen Akteuren, die sich den Teilnehmer*innen auf der Bühne der Kundgebung stellten –Minister Karl-Josef Laumann, Ministerin Josefine Paul, Verena Schäffer (Bündnis 90/Die Grünen), Thorsten Schick (CDU), Jochen Ott (SPD) und Henning Höne (FDP) –, gelang es nicht, zu überzeugen. Nicht selten wurden sie von einem Pfeifkonzert übertönt. „Wir brauchen keine leeren Versprechen, sondern Änderungen im Haushalt“, kommentiert AWO-Geschäftsführerin Melanie Queck.

Beim AWO Unterbezirk sind vor allem Beratungs- und Unterstützungsdienste wie in der Suchthilfe, im Arbeitsgebiet Migration, Integration und Flucht, Familiendienste, Offene Kinder- und Jugendarbeit und Hilfen für Menschen mit Behinderung sowie Verbraucher- und Schuldnerberatung betroffen. Fassungslos machen Kürzungen wie die zehn Millionen Euro, die für die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund gestrichen werden. „Gleichzeitig sind 300 Millionen Euro eingeplant, um Zäune und Sicherheitsdienste rund um Flüchtlingsunterkünfte zu finanzieren“, erzählt erklärt Felix Groß, Fachbereichsleitung Beratungsdienste und Jugendsozialarbeit im AWO Unterbezirk. „Es sollte allen Beteiligten klar sein, dass die Integration von aktuellen und zukünftigen Fachkräften in Zeiten des Fachkräftemangels einen größeren gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Nutzen erzielt als die Kasernierung von Geflüchteten!“

Neben den tatsächlichen Kürzungen sind es vor allem die indirekten Kürzungen und die Planlosigkeit, die zu schaffen machen. „Im Förderprogramm der sozialen Beratung von Geflüchteten in NRW gibt es seit Jahren die gleichen Fördersätze für Migrationsberater*innen“, erklärt Felix Groß. „Das bedeutet, dass ein*e Berater*in mit mehr als zwei Jahren Berufserfahrung bereits zu teuer ist, um sie in diesem Programm zu refinanzieren. Hier findet dadurch bereits seit Jahren eine reale Kürzung statt.“ Ähnlich sieht es im Bereich der Kinderbetreuung aus. Auch der Betrieb von Kindertagesstätten wird längst nicht mehr auskömmlich finanziert.

„Wenn Arbeitsminister Karl-Josef Laumann sagt, erst müssen die Einnahmen steigen, damit die Landesregierung wieder mehr ausgeben kann, dann mag das betriebswirtschaftlich für einen Krämerladen logisch erscheinen. Volkswirtschaftlich ist es jedoch eine Katastrophe, denn die Folgekosten sind um Vielfaches höher“, sagt Klaus Uhländer, Geschäftsführer der AWO-Tochtergesellschaft rebeq, dessen Arbeitsgebiet der Beratungs- und Bildungsangebote für arbeitslose Menschen und besonders benachteiligte Zielgruppen ebenfalls besonders hart von den Kürzungen betroffen wären: Um über 50 Prozent – von 30,3 Mio. Euro auf 14,3 Mio. Euro – wurden die Mittel der Berufseinstiegsbegleitung und der Maßnahmen „Kein Abschluss ohne Anschluss“ (KAoA) zusammengestrichen. „Ich muss noch vor Weihnachten zehn Prozent unserer Beschäftigten leider mitteilen, dass es ihren jetzigen Arbeitsplatz im nächsten Jahr nicht mehr geben wird,“ so Klaus Uhländer.

Foto: Christopher Adolph