Weil jeder Mensch zählt

Sonja Dittrich berät seit 1993 Menschen beim Jugendmigrationsdienst in Dülmen.

Text: Sophia Schalthoff
Sonja Dittrich arbeitet seit 28 Jahren im Jugendmigrationsdienst in Dülmen. Foto: Christian Kuck

Ich wünschte, es zählt nur der Mensch, der Hilfe braucht!“, sagt Sonja Dittrich, Mitarbeiterin im Jugendmigrationsdienst. Mehr braucht es wohl nicht, um alle Forderungen aus dem Papier des AWO-Bundesverbands zum Thema „Migration“ zusammenzufassen. Denn egal, ob es hier um die Aufnahme von Geflüchteten, den Familien- und Geschwisternachzug, die Gesundheitsversorgung oder die Bleiberechtsregelung geht: „Es geht hier um Menschen.“

Sonja Dittrich hat schon viel erlebt, viele Schicksale gehört, sich die Finger wundtelefoniert und mit Behörden diskutiert. Seit 1993 ist die Eingliederungsberaterin beim Jugendmigrationsdienst der AWO in Dülmen beschäftigt. In den ersten Jahren noch als Einzelkämpferin unterwegs – erst 2005 kommt mit Eduard Imhof ein Kollege ins Team – hat Sonja Dittrich in den zurückliegenden 28 Jahren ein großes Netzwerk aufgebaut, um bestmöglich beraten und helfen zu können.

Zu Sonja Dittrich kommen ganz unterschiedliche Menschen ins Büro: Geflüchtete aus Syrien, Irak oder Afghanistan, EU-Bürger*innen aus Polen, Rumänien oder Bulgarien, in den Anfangsjahren ihrer Arbeit bei der AWO oft Spätaussiedler*innen. Junge Migrant*innen im Alter von 12 bis 27 Jahren, die eines gemeinsam haben: Sie benötigen Hilfe bei der sprachlichen, schulischen, beruflichen und sozialen Integration. Sonja Dittrich und Eduard Imhof sind dann die erste Anlaufstelle für die jungen Menschen. „Ich helfe vor allem bei der Vermittlung zu Ansprechpartner*innen und Fachdiensten, zum Beispiel wenn es um Bescheide und Widersprüche geht oder Anliegen der Erziehungsberatung“, erklärt sie. Schwerpunkte des Jugendmigrationsdienstes sind die individuelle Integrationsplanung sowie die Begleitung und Betreuung der jungen Teilnehmer*innen der Integrationskurse sowie die Durchführung von Gruppenangeboten, wie das interkulturelle Theaterprojekt oder Bewerbungstrainings.

„Sie alle sind fernab ihrer Heimat, verstehen die Sprache nicht und kennen deshalb auch ihre Rechte nicht. Sie brauchen unsere Hilfe.“

Sonja Dittrich

Das große Netzwerk an Diensten, Einrichtungen und Fachstellen hilft dabei, Klient*innen gezielt an Ansprechpartner*innen weitervermitteln zu können. Beschwerlich wird es, wenn die Zuständigkeiten nicht klar sind und Behörden nur schwer erreichbar sind. Wenn etwa die selbstgefundene Ausbildungsstelle nicht angetreten werden darf, weil sie in einem anderen Landkreis liegt. „Die Bürokratie lässt einen manchmal verzweifeln“, sagt die Eingliederungsberaterin. Aber nicht nur die. „Betroffen macht mich oft, wenn die Klient*innen von ihrem Heimweh und ihrer Migrationsgeschichte erzählen“, erklärt Sonja Dittrich. „Dann fühle ich mich hilflos, weil das einzige, was ich tun kann, ist ihnen echte Wertschätzung zu geben.“

Neben Heimweh fehlt vielen ihrer Klient*innen die Wertschätzung seitens der Behörden und Institutionen. Zudem beobachtet Sonja Dittrich große Unterschiede in der Behandlung der Menschen. „Mit der Zuwanderung von Geflüchteten aus Syrien, Afghanistan und anderen Ländern sind die Anliegen der EU-Bürger*innen in den Hintergrund getreten. Sie können ihren Aufenthalt in der EU zwar frei wählen und benötigen keine Arbeitserlaubnis, aber eins haben sie gemeinsam: Sie alle sind fernab ihrer Heimat, verstehen die Sprache nicht und kennen deshalb auch ihre Rechte nicht. Sie brauchen unsere Hilfe.“ Sonja Dittrich betont: „Was zählt, ist doch der Mensch. Das sollten wir nicht vergessen."

INFO

Jugendmigrationsdienst im Kreis Coesfeld
Bahnhofstraße 24
48249 Dülmen
Sonja Dittrich
Tel.: 02594 910021

Dieser Artikel stammt aus unserem Magazin „AWO erleben!“. Die gesamte Ausgabe steht hier zum Download bereit.