Fit für den Schulstart
Acht Vorschulkinder zwischen vier und sechs Jahren sitzen mit Laura Kalinasch und Monika Goerke im Stuhlkreis in einem Gruppenraum des Offenen Ganztags an der Pestalozzischule in Marl und spielen „Obstsalat“. „Banane“, sagt Monika Goerke. Ein paar Kinder springen auf und tauschen die Plätze. Zuvor hat die Erzieherin die Vorschulkinder in Erdbeeren, Bananen und Äpfel eingeteilt. „Es geht um Aufmerksamkeit, Konzentration und Gedächtnis“, erklärt ihre Kollegin Laura Kalinasch später. Und tatsächlich ist das Spiel für manche Kinder gar nicht so einfach. Eine „Banane“ zum Beispiel bleibt in den ersten beiden Durchgängen erst einmal sitzen, während ein „Apfel“ aufspringt, obwohl er gar nicht an der Reihe ist. Dabei habe sich schon viel getan, sagt die Erzieherin und Sozialpädagogin von der AWO. „Manche Kinder haben anfangs kaum etwas verstanden.“
An solche Kinder mit sprachlichem Förderbedarf, die bald schulpflichtig werden und noch keinen Kitaplatz haben, richtet sich das Angebot. Dementsprechend haben die meisten einen Migrations- oder Fluchthintergrund. „Es geht aber nicht nur um die Sprache“, ergänzt OGS-Leiterin Jasmin Scheykowski. Auch Koordination und Motorik sowie Rituale spielen eine wichtige Rolle: eine Weile ruhig auf dem Stuhl sitzen, mit Stift und Schere umgehen, allein zur Toilette gehen und sich danach die Hände waschen – Dinge, die in der Schule wichtig sind und normalerweise in der Kita gelernt werden. „Die Kinder hätten sonst große Startschwierigkeiten in der Schule“, weiß Scheykowski.
Statt in die Kita kommen die Vorschulkinder nun also montags bis donnerstags von 8 bis 11 Uhr in den Offenen Ganztag, lernen den Schulalltag und vielleicht auch künftige Klassenkameraden kennen – es sei denn, sie bekommen in der Zwischenzeit noch einen Kita-Platz. „Alle Kinder stehen auf der Warteliste im Kita-Navigator der Stadt“, sagt Scheykowksi. Die Auswahl und Vermittlung in das Projekt übernimmt das Jugendamt in Rücksprache mit den Schulleitungen und Projekt-Mitarbeiter:innen.
Der Tag beginnt mit einer Begrüßung und freiem Spiel. Um 8.30 Uhr startet der Stuhlkreis mit spielerischem Lernen. Um 9 Uhr wird gefrühstückt, ehe es erneut ins Freispiel, auf den Spielplatz oder in den angrenzenden Wald geht. „Gerne machen wir auch noch einmal gezieltes Training mit einzelnen Kindern“, erklärt die OGS-Leiterin. Ein Stuhlkreis zum Abschluss mit gemeinsamem Singen lässt den Vorschultag ausklingen.
Neben der Pestalozzischule läuft das Erdmännchenprojekt seit Herbst 2022 auch an der August-Döhr-Schule in Marl sowie an der Mosaikschule in Gladbeck (hier heißt es „Frühschicht“). Finanziert wird es aus kommunalen Mitteln und Landesmitteln für die Kinderbetreuung in besonderen Fällen („Brückenprojekte“). „Wir würden das Projekt im kommenden Schuljahr gerne an vier weiteren Standorten in Gladbeck einführen“, sagt Fachbereichsleiterin Barbara Wolthaus. Die Vorbereitungen dafür liefen. Der Bedarf sei jedenfalls da.
Die ersten Kinder aus Marl und Gladbeck haben das Projekt bereits erfolgreich durchlaufen und wurden zu Beginn des Schuljahres eingeschult, einige davon auch an der Pestalozzischule. Es sei besonders schön zu sehen, wie sich die Kinder entwickeln, sagt Erzieherin Laura Kalinasch, die auch im offenen Ganztag arbeitet und einige Kinder dort wieder trifft.
INFO
Fachbereich Schulen Ost
Barbara Wolthaus
Wildermannstraße 69
45659 Recklinghausen
Tel. 02361 9316721
Dieser Artikel stammt aus unserem Magazin „AWO erleben!“. Die gesamte Ausgabe steht hier zum Download bereit.